Viele tausend Tontauben blieben auf der Strecke

Der Schießsport ist die große Leidenschaft von Ewald Huber. Seine jahrzehntelange Erfahrung gibt er auch als Trainer an den Nachwuchs weiter. −Fotos: red/Eder
Der Schießsport ist die große Leidenschaft von Ewald Huber. Seine jahrzehntelange Erfahrung gibt er auch als Trainer an den Nachwuchs weiter.

Das Sportschießen ist eine olympische Disziplin und erfordert sowohl körperliches wie mentales Training. Einer, der diesen Sport besonders gut beherrscht, ist Ewald Huber. Der 79-Jährige ist mehrmaliger deutscher Meister und wurde 2016 zum Sportler des Jahres in Eggenfelden gewählt. Bis heute hat er seine Flinte noch nicht in die Ecke gestellt.

Herr Huber, trinken Sie den Kaffee mit Milch, Zucker oder schwarz?
Ewald Huber: Ich trinke gerne Kaffee, morgens und nachmittags – mit Milch, aber ohne Zucker.

Wie kamen Sie gerade zu diesem Sport? Was fasziniert Sie daran?
Schon als Jugendlicher habe ich mich für Waffen interessiert. Etwas später war das auch die Zeit, als Konrad Wirnhier aus Pfarrkirchen erste sportliche Erfolge verbuchte und schließlich bei den Olympischen Spielen 1972 in München Olympiasieger wurde. Bei den Volksfesten haben mich damals nicht so sehr die Karussells oder andere Vergnügungen interessiert, sondern ich bin immer zu den Schießständen gegangen und habe auf Tontauben geschossen – und fast immer getroffen.

Ewald Huber ist mit seinen 79 Jahren topfit und nimmt als Sportschütze heuer sogar an der Weltmeisterschaft in Ungarn teil.
Ewald Huber ist mit seinen 79 Jahren topfit und nimmt als Sportschütze heuer sogar an der Weltmeisterschaft in Ungarn teil.

Um diesen Sport auszuüben, braucht man doch einen Verein.
Ja, einen solchen gab es damals unmittelbar vor den Toren Eggenfeldens in Gschwend. Dort war ein Schießstand aufgebaut und ich konnte sehr gut meinem Hobby nachgehen. Leider musste der Schießstand der Umgehungsstraße, die man dann gebaut hatte, weichen. Seit dieser Zeit gibt es auch den Verein nicht mehr.

Wie ging es dann weiter?
Ich habe mich den Faustfeuerschützen (FFS) Taufkirchen angeschlossen und starte auch für den FFS. Seit 42 Jahren bin ich Mitglied. Dieser Verein ist beim bayerischen und deutschen Schützenbund dabei – eine Voraussetzung, um an nationalen und internationalen Wettbewerben teilnehmen zu können. Ferner gehöre ich auch dem Jagd- und Wurftaubenklub St. Hubertus in Braunau an. Dort trainiere ich mindestens einmal in der Woche. Während man bei den Faustfeuerschützen in Taufkirchen nur mit Revolver oder der Pistole, also mit Kurzwaffen, schießen kann, wird bei St. Hubertus in Braunau mit Flinten, also Langwaffen, geschossen.

Es gibt also verschiedene Disziplinen beim Schießen.
Ja. Ich habe mich auf das Schießen mit Flinten und Schrotmunition auf Wurftauben spezialisiert. Wurfscheibenschießen, Tontaubenschießen oder Wurftaubenschießen ist der Sammelbegriff für diesen Präzisionssport. Ich will es nicht zu kompliziert machen. Man unterscheidet bei dieser Sportart drei Disziplinen: Trap, Skeet und Parcours. So wird beim Trap die Wurfscheibe von einem Punkt in variierende Richtungen abgeworfen, beim Skeet von zwei verschiedenen Punkten in fest vorgegebene Richtungen. Ich bevorzuge die Disziplin “Parcours”, weil es die hohe Kunst des Flintenschießens, die Krönung allen Schießens ist. Hierbei wird die Jagd auf Niederwild simuliert und der Wettbewerb findet im Gelände statt. Bei einem Wettkampf wird von fünf Ständen geschossen, die meist mehrere hundert Meter auseinander liegen. Dabei geht es auch manchmal ganz schön bergauf und bergab.

200 Schuss an zwei Wettkampftagen

Wie sieht so ein Wettkampftag aus?
Normalerweise sind es zwei aufeinanderfolgende Wettkampftage. An jedem Tag werden vier mal 25 Schuss abgegeben, also insgesamt 200 Schuss. Die anwesenden Schützen werden in sogenannten “Rotten”, die aus jeweils sechs Schützen bestehen, zusammengefasst. Ein Durchgang dauert etwa eine Stunde. Je nach Teilnehmerzahl kann es schon gut zwei Stunden dauern, bis man wieder an der Reihe ist. Und genau das ist das Problem. Man muss versuchen, die Spannung zu erhalten, mental gut drauf sein und zur rechten Zeit hoch konzentriert zu Werke gehen. Das geht nur, wenn man entsprechend trainiert hat, gut ausgeruht ist, genügend Wasser trinkt und nur wenig isst. Ich habe immer lediglich Müsli-Riegel dabei. Zur körperlichen Fitness muss unbedingt die geistige Leistungsfähigkeit kommen. Man muss mit angelegtem Gewehr innerhalb von Sekundenbruchteilen wichtige Entscheidungen treffen, die Schießtechnik zu einhundert Prozent beherrschen und präzise vorausdenken. Aber das macht gerade diesen Sport so interessant.

Erklären Sie bitte einmal die Vorgehensweise, bis Sie einen Schuss abgeben.
Zum einen muss man wissen, dass sämtliche Arten von Wurfscheiben, zum Beispiel “Standard”, “Segeltaube”, “Looper” oder “Rocket” beschossen werden. Die Wurfscheibe kann sich in einer parabolartigen oder ansteigenden Flugbahn befinden. Der Schütze muss die Flinte im so genannten Jagdanschlag halten. Erst wenn der Schütze die Wurfscheibe abgerufen hat und diese sichtbar ist, darf richtig angeschlagen werden. Nach dem Abruf können bis zu drei Sekunden vergehen, bevor die Wurfscheibe sichtbar wird.

Wichtig bei Ihrer Sportart ist sicher das Sportgerät.
Es handelt sich um eine Doppelflinte mit aufeinanderliegenden Läufen, Kaliber 12. Es wird ausschließlich mit Schrot geschossen. Ich habe eine Skeetflinte im Schrank, eine Baretta 682, mit der ich schon über 60000 Schuss abgegeben habe. Mein “Glanzstück” ist eine Blaser F3 Baroness, die ich seit zehn Jahren besitze. Jährlich gebe ich mit ihr etwa 4000 Schuss ab. Sie ist aus wunderbarem Wurzelmaserholz gefertigt und hat eine durchgehende englische Arabeske. Weil ich ein Linksschütze bin, wurde sie speziell für mich und meine Maße gebaut.

WM in Ungarn mit Frau und Tochter

Ein Aspekt bei Ihrer Sportart ist die Sicherheit.
Das ist der allerwichtigste Aspekt, der jedem Schützen von Anfang an quasi eingeimpft wird. Ein sicherer und bewusster Umgang mit Waffen und Munition ist unabdingbar und Voraussetzung für die Ausübung dieses Sports. In den Sicherheitsausführungen ist alles ganz streng reglementiert. So muss zum Beispiel das Gewehr immer ungeladen im Behälter auf den Schießstand gebracht werden. Dort darf man die Waffe immer nur in Schießrichtung halten und sich niemals mit dem Gewehr umdrehen. Zuhause müssen die Waffen und die dazugehörenden Patronen in einem speziellen Sicherheitsschrank, der internationale Normen erfüllen muss, gelagert werden. Meine Spezialschränke sind so schwer, dass mehrere Mann beim Transport anpacken mussten. Ferner braucht man eine Waffenbesitzkarte, die beim Landratsamt eingetragen sein muss.

Gab es schon einmal einen Unfall oder Verletzungen?
Ich habe in den 50 Jahren, solange betreibe ich diesen Sport schon, zwar ein paar Schrecksekunden erlebt, aber noch nie einen Unfall oder eine Verletzung gehabt. In den über zehn Jahren, in denen ich beim bayerischen Sportschützenbund in München oder bei den St. Hubertus-Schützen in Braunau als Trainer tätig war, habe ich die Jugendlichen immer wieder und voller Eindringlichkeit die genauen Sicherheitsbestimmungen vermittelt.

Was waren Ihre bislang schwierigsten Momente in Ihrer sportlichen Laufbahn?
Das war weniger im sportlichen als mehr im gesundheitlichen Bereich. Vor einigen Jahren musste ich mich nämlich einer Bandscheibenoperation unterziehen und ich wusste nicht, ob ich nachher wieder schießen kann. Der zweite kritische Moment war eine Operation auf meinem gesunden Auge. Man muss nämlich wissen, dass ich von Geburt an nur auf dem linken Auge die volle Sehkraft habe. Deshalb bin ich ja auch ein Linksschütze, obwohl ich normalerweise ein Rechtshänder bin. Gott sei Dank sehe ich mit dem “guten” Auge wieder einhundert Prozent.

Wir haben noch gar nicht von Ihren sportlichen Erfolgen gesprochen.
Das ist auch gar nicht so wichtig. Ich habe schon fast unzählige bayerische Meistertitel errungen und war sechs Mal deutscher Meister in “Parcours”. Die wichtigsten und größten Pokale stehen zu Hause in einer Vitrine. Die meisten Urkunden habe ich in mehreren Ordnern gesammelt.

Was sind Ihre nächsten sportlichen Ziele?
Ich bin schon für die deutsche Meisterschaft in der Disziplin “Parcours” im August diesen Jahres in Dornsberg am Bodensee gemeldet. Dort befindet sich der größte Schießstand in Deutschland. Das absolute Highlight in diesem Jahr, zu dem ich auch schon gemeldet und qualifiziert bin, ist die Weltmeisterschaft in Galgamásca in Ungarn. Der Wettkampf dort wird vier Tage dauern. Und was das Besondere dabei ist: Meine Frau und meine Tochter werden mich – übrigens das erste Mal – dorthin begleiten. Hoffentlich gibt es wegen Corona keine Absagen.